Kategorien: Stadtwerke AG
27.11.2012

Standort für Geothermiekraftwerk konkretisiert sich

Ergebnisse der seismischen Messungen liegen vor. Sechs Eignungsgebiete haben hohes Entwicklungspotential. Die besten geologischen Voraussetzungen hat das Gebiet Trebur-Ost, gefolgt von Geinsheim-Nord und Nauheim-Südwest. 2007 hat der Hessische Energiedienstleister Überlandwerk Groß-Gerau GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Stadtwerke Mainz AG, mit politischer Unterstützung ein anspruchsvolles und hessenweit einmaliges Projekt zur Errichtung eines Tiefen-Geothermiekraftwerks auf den Weg gebracht. Hierfür wurde in den vergangenen Jahren mit den entsprechenden Vorbereitungen begonnen und erste Voruntersuchungen des geologischen Untergrundes vorgenommen. „Fünf Jahre haben wir gemeinsam mit unseren geologischen Beratern Daten gesammelt und den Untergrund analysiert und vermessen: Jetzt können wir zum ersten Mal über konkrete Gebiete sprechen, in denen das erste Geothermiekraftwerk, unter Berücksichtigung der geologischen Bedingungen, im Kreis Groß-Gerau errichtet werden könnte“, begann Detlev Höhne, kaufmännischer Geschäftsführer der Überlandwerk Groß-Gerau GmbH (ÜWG) die Pressekonferenz am heutigen Mittag. „Wir sind selber von den erfolgversprechenden Messergebnissen überrascht. Uns war klar, dass der Oberrheingraben, in dem auch das Hessische Ried liegt, eine der bedeutendsten Regionen in Deutschland ist, um Erdwärme zu nutzen. Dass bei uns die geologischen Bedingungen aber so hervorragend sind, dass hatten wir nicht zu hoffen gewagt. Damit ist die Energiewende für uns längst keine Vision mehr, wir befinden uns auf dem besten Wege zur Verwirklichung“, freute sich Höhne über die positiven Aussichten. Die ausführlichen Messergebnisse der im Oktober 2011 durchgeführten vibroseismischen Untersuchungen stellten Dr.-Ing. Horst Kreuter und Dr. John Reinecker von der Firma GeoThermal Engineering GmbH (GeoT) vor. Die durchgeführten Messungen lieferten ein detailliertes dreidimensionales Abbild des tiefen Untergrunds. Dieses 3D Modell liefert belastbare Daten über die Lage der Formationen und Strukturen, welche für die Planung einer Bohrung notwendig sind. „Wir haben nach speziellen Gesteinsformationen und Störungszonen gesucht“, so Dr.-Ing. Horst Kreuter. „Diese Zonen sind deshalb interessant, da dort in großer Tiefe heißes Thermalwasser vorkommt, das später für die Wärmegewinnung benötigt wird“. Bei der Auswertung der Messergebnisse wurden folgende Faktoren berücksichtigt: Tiefenlage der Gesteinsschicht, Temperatur im Untergrund, Permeabilität der Gesteine (Durchlässigkeit von Fels für Flüssigkeiten) sowie die Breite der Störungszone. Basierend auf den Ergebnissen der dreidimensionalen seismischen Messung aus dem Jahr 2011 und weiteren Informationen aus zusätzlichen geophysikalischen Messreihen, wie der gravimetrischen Untersuchungen im August 2012, konnten sechs Gebiete identifiziert werden, in denen jeweils ein Standort für ein Erdwärme-Kraftwerk möglich ist. Die Gebiete liegen südlich von Rüsselsheim, nördlich von Groß-Gerau, südwestlich von Nauheim, östlich von Trebur, nördlich von Geinsheim und südlich von Wallerstädten. Dr. Kreuter betonte, dass alle sechs betrachteten Gebiete ein hohes Entwicklungspotential haben. „In allen Eignungsgebieten liegt die errechnete Thermalwassertemperatur bereits an der Oberkante des Reservoirs deutlich über 120 °C, in der Zieltiefe liegt diese stellenweise sogar über 170 °C“. Die Gebiete unterscheiden sich jedoch in ihren geologischen Eigenschaften. Mittels einer Bewertungsmatrix, auf Basis der gewichteten geologischen Einflussgrößen, wurden die Eignungsgebiete miteinander verglichen und in eine Rangfolge gebracht. „Das nach diesem Ranking bestgeeignete Gebiet ist Trebur-Ost, gefolgt von Geinsheim-Nord und Nauheim-Südwest. Hier ist aus geologischer Sicht die Wahrscheinlichkeit für eine fündige Bohrung am größten“, so Dr.-Ing. Kreuter weiter. Zur Frage des weiteren Vorgehens erläuterte ÜWG Geschäftsführer Höhne: „Die geologischen Messergebnisse liegen uns jetzt vor. Sechs Eignungsgebiete sind bekannt. Weitere Rahmenbedingungen wie z.B. Natur- und Wasserschutz, Artenschutz, Baurecht, Wärmeabnehmer et cetera sind für die endgültige Standortsuche noch nicht eingeflossen, da diese Gegenstand der noch folgenden Machbarkeitsstudie sind. Die Eignungsgebiete werden wir jetzt den Bürgerinnen und Bürgern vorstellen und dann gemeinsam im Rahmen des Bürgerdialogs die Bedingungen klären, die notwendig sind, um das erste Geothermiekraftwerk im Kreis Groß-Gerau bauen zu können“. Einmalig bei einem solchen Projekt, so Höhne weiter, sei die Tatsache, dass noch vor der endgültigen Entscheidung für einen konkreten Standort und dessen Entwicklung, die Bevölkerung sowie die Verbände und Initiativen im Rahmen eines ausführlichen Bürgerdialogs einbezogen werden. Dabei betonte er, dass es sich dabei um einen Bürgerdialog handele, der über das rechtlich vorgeschriebene Maß an Information und Beteiligung der Öffentlichkeit deutlich hinausgeht. „Der Bürgerdialog soll klären, unter welchen Vorraussetzungen ein Geothermiekraftwerk die Region klimapolitisch und wirtschaftlich voranbringen kann“, so Höhne. Die Beteiligung der Öffentlichkeit wird von der neutralen Schweizer Stiftung Risiko-Dialog organisiert und durchgeführt. Matthias Holenstein, Geschäftsführer der Stiftung, erläuterte deren Planungen: „Die Grundidee besteht darin, den Menschen vor Ort einen Dialog anzubieten, der ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Interessen in der Projektplanung und Standortwahl einzubringen. Die Stiftung Risiko-Dialog vertritt dabei keine inhaltliche Meinung zum Projekt, sondern ermöglicht Gespräche auf Augenhöhe zwischen den Beteiligten. Drei spezielle Dialogformate sind angedacht. Dies sind vier öffentliche Veranstaltungen, sogenannte Bürgerforen, ein nicht-öffentlicher Beirat mit cirka. 15 Mitgliedern aus Interessengruppen, Verbänden, Initiativen und Politik sowie Workshops mit den direkt betroffenen Anliegern zu einem späteren Zeitpunkt. Bei diesen Dialogformaten handelt es sich nicht um Mediationsverhandlungen von bereits zerstrittenen Parteien, sondern es geht darum, die unvoreingenommene die Anliegen der Bevölkerung frühzeitig mit ins Boot zu holen“. Los geht es mit dem ersten Bürgerforum zum Thema „Erdwärme im Kreis Groß-Gerau: Was bedeutet das für die Bevölkerung?“ am 17. Januar 2013 um 18:30 Uhr in der Stadthalle Groß-Gerau. ÜWG Geschäftsführer Höhne gab am Ende der Pressekonferenz noch einen Ausblick auf die weitere Projektplanung: „Nach Abschluss des Bürgerdialogs wird die ÜWG die konkrete Standortentwicklung beginnen“. Das bedeutet, dass eine Machbarkeitsstudie erstellt wird und die für den Kraftwerksbau und die Bohrungen notwendigen Genehmigungen, zum Beispiel für die Bohrplatzerrichtung, bei den zuständigen Behörden beantragt und die weiteren notwendigen Verfahren bei den Kommunen angestoßen werden. Sollte alles reibungslos ablaufen, wäre eine erste Bohrung schon Ende 2013 möglich. „Wir wollen aber nichts überstürzen, Sicherheit und detaillierte Planung und Vorbereitung stehen für uns an erster Stelle. Wenn hierfür mehr Zeit benötigt wird, dann werden wir uns diese auch nehmen“, so Höhne abschließend. Karte Zielgebiet Ausführliche Informationen finden Sie auf der Projekthomepage:
http://www.erdwaerme-gg.de/