Kategorien: Stadtwerke AG
07.09.2010

Stadtwerke sind die Verlierer

MAINZ. Die Marktmacht der vier großen Energieversorger in Deutschland wird durch die Pläne der Bundesregierung gestärkt, die deutschen Stadtwerke sind die Verlierer. So kommentiert der kaufmännische Vorstand der Stadtwerke Mainz AG, Detlev Höhne, die bisher bekannten Eckpunkte des künftigen Energiekonzepts der Bundesregierung. Konkret sei der vorliegende Entwurf bisher vor allem in einem Punkt: der beabsichtigten Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. ?Und von der werden die großen Energiekonzerne massiv profitieren.?

Darüber hinaus enthalte der vorliegende Entwurf aus Berlin leider viele Allgemeinplätze und erhebliche Unklarheiten über den künftigen Kurs in der Energiepolitik. So passe es nicht zusammen, wenn in dem Papier die Steigerung der Energieeffizienz als ein wichtiges Ziel ausgegeben werde, der Entwurf der Regierung den ursprünglich geplanten Ausbau der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung, also die gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme, aber jetzt nur noch wenig Beachtung schenke.

Sehr unkonkret äußert sich die Regierung leider auch zu ihrem Ziel, die Speicherkapazitäten für Strom in den nächsten Jahren zu steigern, um die wachsende Bedeutung der schwankenden Energieträger Sonne und Wind auszugleichen. Höhne: ?Es ist zwar löblich, das zu fordern. Doch wie der Ausbau der Speicherkapazitäten angesichts der wachsenden Widerstände vor Ort beispielsweise gegen neue Speicherkraftwerke umgesetzt werden soll, wird nicht gesagt.?

Hauptkritikpunkt aus Sicht der Energieversorgungsunternehmen ist aber, dass die Bundesregierung ein Energiekonzept für die nächsten 30 bis 40 Jahre erstellen will, das nicht mit der Opposition abgestimmt ist. ?Damit verlässt die Politik die Verlässlichkeit. Wie soll ein mittelständischer Energieversorger denn jetzt eine Investition für die nächsten 20, 30, 40 Jahre planen, wenn er damit rechnen muss, dass dieses Energiekonzept oder wichtige Teile daraus nach einem Regierungswechsel wieder in der Schublade verschwinden oder von Gerichten einkassiert werden??

Die Stadtwerke Mainz AG verweist auch auf die aktuelle Stellungnahme des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU) zum Ergebnis des Atomgipfels. ?Die Bundesregierung riskiert mit den gestrigen Beschlüssen, dass viele der kommunalen Investitionen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und neuer hoch effizienter Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen nicht mehr getätigt werden, so der Verband. VKU-Präsident Weil: ?Wir hätten es gewünscht, dass sich die Energiepolitik der Bundesregierung nicht einseitig auf die Seite der großen Konzerne schlägt, sondern den energiepolitischen Mittelstand in Deutschland unterstützt. Die Stadtwerke wollen über zehn Milliarden Euro in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen und den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren und damit den Anteil des eigen erzeugten Stroms deutlich erhöhen.?

Der VKU fordert die Bundesregierung auf, dass die wettbewerbliche Komponente nicht außer Acht gelassen wird und es eine Kompensation auf der Erzeugungsseite geben muss. Laut Weil sollten die alten Kohlekraftwerke der Energiekonzerne vom Netz genommen werden, um diese durch neue und hocheffiziente Kraftwerksanlagen anderer Wettbewerber, wie den Stadtwerken, zu ersetzen. ?Wenn es keine Kompensation gibt, dann behindert dies nicht nur den Wettbewerb, sondern auch die dringend notwendige Modernisierung des Kraftwerkparks?, erläutert Weil. Der VKU fordert die Bundesregierung auf, in dem noch ausstehenden Energiekonzept die wettbewerbliche Ausgewogenheit wieder herzustellen.

Zugleich äußert sich der VKU-Präsident besorgt über den weiteren Verlauf der energiepolitischen Debatte: ?Es ist absehbar, dass die Position der Bundesregierung einen großen gesellschaftlichen Konflikt und einen Verfassungsstreit auslösen wird. Klarheit über den weiteren Kurs wird es erst in einigen Jahren nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes geben. Diese Klarheit ist aber dringend geboten für die anstehende Energiewende.?